Fit durch Spiel: einzigartiges Trainingsprogramm für SeniorInnen
04.01.22
Ein internationales Forscherteam, darunter Dr. Barbara Seebacher vom Reha Zentrum Münster, arbeitet an der Entwicklung eines videospielbasierten Trainings für Menschen über 65 Jahren. Ziel ist es, sowohl die körperlichen, als auch die kognitiven und mentalen Funktionen von SeniorInnen zu stärken – denn je besser das Gleichgewicht, desto geringer das Sturzrisiko.
Mit zunehmendem Alter werden bestimmte Bewegungsabläufe im Alltag zur Herausforderung. Zwei Aufgaben gleichzeitig ausführen, wie zum Beispiel Gehen und Sprechen, ist oftmals schwierig. Hinzu kommen altersbedingte Stürze, die zu langwierigen Verletzungen führen können. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO stürzen 28 – 35 % der Menschen über 65 Jahren sogar mindestens einmal pro Jahr.
Motivierende Übungen für mehr Gleichgewicht
In der geriatrischen Bewegungsrehabilitation führen TherapeutInnen mit SeniorInnen sowohl körperliche als auch geistige Trainings durch, um das Gleichgewicht zu verbessern und das Sturzrisiko zu minimieren. Das Training ist nur dann effizient, wenn es individuell angepasst werden kann und für die PatientInnen sowohl verständlich als auch motivierend ist. Hier kommen sogenannte Exergames ins Spiel.
„Im Namen stecken zwei englische Begriffe, die verraten, worum es in diesem Trainingsansatz geht: exercise – Übung und game – Spiel“, erklärt Dr. Barbara Seebacher, Abteilungsleiterin für Rehabilitationsforschung am Reha Zentrum Münster. „Exergames sind Spiele, die über bestimmte Ganzkörperbewegungen gesteuert werden. Man kennt diesen Ansatz von Spielkonsolen oder Tanzmatten.“
Jedes Training findet mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten in einem sicheren Umfeld statt.
Zielgruppe SeniorInnen
Videospiele mit integrierter Bewegungssteuerung wurden in erster Linie für Jugendliche konzipiert, um diese für körperliche Aktivität zu begeistern. Ein Forscherteam, bestehend aus Rehabilitationskliniken, Universitäten und Industriepartnern, hat es sich zur Aufgabe gemacht, den spielbasierten Ansatz auf die Zielgruppe der SeniorInnen zu übertragen.
Anfang Mai 2021 fiel der Startschuss für das ExerG-Projekt, an dem das Reha Zentrum Münster mit Dr. Seebacher beteiligt ist.
„Mit dem spielbasierten Ansatz schafft das ExerG-Projekt einen Anreiz, das Gleichgewicht zu trainieren. Menschen über 65 Jahren verbessern dabei nicht nur ihre motorischen Fähigkeiten, sondern auch ihre kognitiven.“
Dr. Barbara Seebacher, Abteilungsleiterin für Rehabilitationsforschung am Reha Zentrum Münster
Im Reha Zentrum Münster steht ein Prototyp des videospielbasierten Trainingsgerätes: der ExerCube ist ein circa drei mal drei Meter großer Raum, auf drei von vier Wänden wird ein Spiel projiziert. Die PatientIn befindet sich in der Mitte des Raumes und erhält bestimmte Bewegungsaufforderungen durch das Videospiel.
„Die Entwicklung des Trainings ist komplex, da die physischen und kognitiven Inhalte individuell anpassbar sein müssen“, betont Dr. Seebacher. „Eine weitere Herausforderung besteht darin, den älteren Menschen die Scheu vor dem neuartigen Medium zu nehmen.“
Dies gelingt durch die persönliche Betreuung der PatientInnen. Jedes Training findet mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten in einem sicheren Umfeld statt.
Was sind Exergames?
Exergaming ist ein Kofferwort aus den englischen Begriffen „exercise“ für „Übung“ und „gaming“ für „spielen“. Bei Exergames handelt es sich also um Spiele, die zu körperlicher Aktivität auffordern. Solche Spiele werden häufig mithilfe von Fitnessgeräten ausgeübt, kombiniert mit Spielkonsolen, Computerspielen oder Virtual-Reality-Brillen.
Projekt mit Auszeichnung
„Wir binden die Nutzerinnen und Nutzer von Beginn an in die Entwicklung ein, um auf ihre Ansprüche, Vorlieben und Wünsche eingehen zu können“, so Dr. Seebacher. Im Frühjahr 2022 werden voraussichtlich die ersten PatientInnen am Reha Zentrum Münster ihr Training im ExerCube absolvieren.
Das ExerG-Projekt erzielte beim Visionen Award 2021 den zweiten Platz. Jährlich vergibt der Verband der Privatkrankenanstalten die Auszeichnung an innovative Projekte im Bereich der österreichischen Privat- und Rehakliniken. Die Jury hob besonders den „Einsatz der Digitalisierung hervor, die einen neuen Zugang im Bereich der Behandlung und Rehabilitation ermöglichen“.
„Dass das ExerG-Projekt in einem Tiroler Gesundheitsbetrieb entwickelt wird, spricht für die Innovation und Qualität unserer Gesundheitseinrichtungen.“
Dr. Lorenz Hohenauer, Kuriensprecher der Tiroler Reha-Betriebe
Die Tiroler Reha-Betriebe.
Neben dem Reha Zentrum Münster gibt es sechs weitere private Reha-Betriebe in Tirol. Dank diesen Einrichtungen werden nahezu alle Bereiche der Rehabilitation vor Ort in der Region abgedeckt. Das Angebot erstreckt sich vom neurologischen, über den kardiologischen oder den traumatologisch-sportmedizinischen Bereich bis hin zur psychosozialen Rehabilitation. Im Mittelpunkt jeder Behandlung steht der Mensch und sein Wohlbefinden.